Verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in den nächsten Tagen werden vermutlich auch vier Castoren mit hoch radioaktivem Müll aus dem französischen La Hague Frankreich nach Philippsburg durch diesen Bahnhof rollen.
Wir stehen aber nicht nur wegen dieser hochgefährlichen Transporte hier.
Wir beobachten mit Sorge, dass Atomkraft-Befürworter auf das Vergessen und Verdrängen setzen und nun wieder unverhohlen Propaganda für den angeblichen sauberen Atomstrom leider auch in den öffentlich-rechtlichen Medien machen. Die Realität der laufenden wie der stillgelegten Atommeiler hier, der Krieg in der Ukraine und die notwendige Entsorgung des hochaktiven Atommülls entlarven täglich die Argumente der Befürworter als fake news. Aber die Forschung, Werbung und Bestellung vor allem von kleinen sogenannten ‚small reactors‘ nimmt gerade Fahrt auf und wird leider nicht nur von Bill Gates, sondern auch von der AfD und der FDP. Seit Donnerstag, den 7.11.24 hat der Kanzlerkandidat der CDU Merz mit seiner Ankündigung im ZDF kleine Atomreatoren und Fusionskraftwerke in Deutschland bauen zu wollen, eine rüclkwärtsgewamndte Zeitenwende eingeleiet. Sein Generalsektretär Linnemann hat dies am nächsten Tag im ARD wiederholt. Auch hier in Karlsruhe, dem Herz der Atomforschung der EU – dem Joint Research Centre auf dem Gelände des KIT Nord, wir der Atomkurs befeuert. Deshalb versuchen wir mit Argumenten dagegenzuhalten und wie heute auch zu demonstrieren.
Ein Argument gegen die Atomenergie ist nicht nur die Bedrohung einer nuklearen Katastrophe durch ein laufendes Atomkraftwerk, sondern vor allem die Lagerung der hunderttausenden von Tonnen zum Teil hochradioaktiver Stoffe in den sogenannten Zwischenlagern bei den ehemaligen Atomkraftwerken in Deutschland.
Liebe Zuhörende, nur 10 km von hier lagern rund 80.000 zum Teil rostende Fässer auf dem größten radioaktiven Zwischenlager für leicht radioaktive Stoffe auf dem Gelände des ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe, heute KIT Nord. Das Gebäude – Fußballfeld groß – ist heute fast gefüllt und muss durch ein neues Lager erweitert werden. Daneben stehen zwei Zwischenlager für mittelaktiven Atommüll mit rund 7.000 Fässern. Das neuere davon hat Mauern mit 2 m dicken Beton rund um. Und täglich kommen neue Fässer aus dem Abriss von zwei Atomreaktoren, einer Wiederaufarbeitungsanlage und einem schnellen Brüder in Karlsruhe dazu. Wann diese Fässer nach Schacht Konrad abtransportiert werden können, ist unklar.
Liebe Leute, 30 km von hier, in Philippsburg, ist der Standort für die vier Castoren, die nun vermutlich nächste Woche durch Karlsruhe laufen werden. Im Zwischenlager von Philippsburg stehen im Augenblick 102 der 1.750 Castoren, die hochradio-aktiven Abfallbehälter Deutschlands. Im Innern jedes Castors befinden sich 24 abgebrannte Brennelemente mit einem Gewicht von 11 t. Diese Brennelemente enthalten neben dem Uran auch das im Prozess entstandene jahrtausendlang strahlende Plutonium. Die Temperatur im Inneren eines Castors beträgt über Jahrzehnte 400 °C. Die Strahlung durch die Kernspaltung entstandenen radioaktiven Stoffe ist sehr hoch, wodurch das umgebende Gusseisenmaterial durch diese hohen Temperaturen und durch die radioaktive Strahlung stark belastet wird. Kein Mensch weiß, was in einem Castor die Radioaktivität bewirkt. In Philippsburg lagern einige schon über 20 Jahre dort. Man kann in den 16 Zwischenlagern für hochradioaktiven Atommüll nicht feststellen, wie es in diesen Castoren aussieht, weil dazu heiße Zellen notwendig wären, in denen diese Castoren aufgemacht werden könnten. Diese gibt es aber nicht. Wissenschaftler des KIT haben durch Berechnungen und durch Untersuchungen an Brennelementen herausgefunden, dass die Brennelemente, die sich in den Castoren befinden, sich zum Teil in Auflösung befinden. Das ist mehr als nur ein besorgniserregender Zustand.
Das Lager in Philippsburg hat eine Genehmigung bis in das Jahr 2047. Kein Mensch weiß im Augenblick, wann ein sogenanntes Endlager für diesen hoch radioaktiven Abfall in Deutschland zur Verfügung steht. Die Schätzungen gehen davon aus, dass nicht vor dem Jahre 2067 ein Standort für ein Endlager gefunden und dieses schon gar nicht bis dahin eingerichtet sein wird. D.h., wir müssen an den Standorten mit Lagerzeiten rechnen, die weit über die genehmigten und berechneten Sicherheitsbedingungen liegen.
Und alle diese Lager sind jetzt schon unsicher. In den letzten drei Monaten ereigneten sich im Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll in Philippsburg drei Störfälle, in dem die Überwachung der Castoren zeitweise ausfiel.
Was aber noch viel wichtiger ist: Zum Zeitpunkt der Genehmigung sprach man zwar über Flugzeugabsturz, Terror, Erdbeben etc., aber kein Mensch hat damals daran gedacht, dass durch kriegerische Handlungen mit hoch effektiven Waffen der Inhalt dieser Lager zur Bedrohung der gesamten Region werden könnte. Das Lager Philippsburg hat Mauern von 80 cm. Das Lager für leicht aktiven Müll in Karlsruhe hat 2 m dicke Mauern. Man hat versucht, das Lager in Philippsburg zu härten. Man hat eine Mauer gebaut, um gegen Panzerfäuste von der Straße aus geschützt zu sein. Wir wissen aber nicht, was passieren würde, wenn eine Drohne mit panzer-brechenden Waffen von oben das Zwischenlager treffen würde. D.h., die gesamte Region befindet sich tagtäglich – wie auch an den übrigen 15 Standorten – in einem erheblichen Gefahren-Zustand. Dies ist eine der Folgen der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie, die am Standort Philippsburg jährlich 40 Millionen kostet, ebenso natürlich auch an den anderen Standorten. Die Kosten für die so genannte Endlagerung sind noch nicht abschätzbar. Sie werden viele Milliarden Euro betragen. Allein die Kosten des Abrisses eines Atomkraftwerkes kostet 1 Milliarde. Dies zahlen die ehemaligen Betreiber. Diese Kosten der Lagerung der gefährlichen Altlasten der Atomkraftwerke werden aus einem Fonds finanziert, der mit seinen derzeit 20 Milliarden nicht ausreicht, um die noch kommenden Milliarden Kosten für die Zwischenlager und das sogenannte Endlager zu decken. Wir SteuerzahlerInnen zahlen letztendlich die Zeche.
Die Kosten für 1 Kilowattstunde Strom liegen mit den Abrisskosten heute bei 42 Cent. Bei Winderzeugung sind es derzeit 8 Cent. Diese zwei Zahlen zeigen, dass die Hoffnung von Staaten wie Polen, Türkei oder Saudi-Arabien auf neue Atomreaktoren mehr militärisch als energie-politisch motiviert sind. Atomenergie ist also nicht nur gefährlich, keineswegs klimaneutral, sondern vor allem teuer.
Deshalb nun der Beitrag von Herbert Würth zu unseren Alternativen.